Dienstag, 8. November 2016

"Stuhlschau"

Den Stuhl zu inspizieren ist keine beliebte Aufgabe, kann aber wertvolle Hinweise auf Erkrankungen  liefern. 

Besondere Stuhlformen: 

Teerstuhl (Melaena): schwarzer, klebriger Stuhl. Kommt vor bei größeren Blutungen in den oberen Abschnitten des Verdauungstraktes, z.B. bei Blutungen aus Speiseröhre, Magen oder Zwölffingerdarm. Das Blut ist nicht mehr rot, da es den unteren Darmabschnitten verdaut wird. Falls Sie jetzt beunruhigt sein sollten: Teerstuhl ist nicht einfach nur „sehr dunkel“, er ist pechschwarz!

Blutstuhl: roter o. rötlicher Stuhl. Kommt vor bei Blutungen aus dem unteren Darmabschnitten (Dickdarm, Enddarm); ursächlich können sein: Tumoren, schwere Entzündungen und Durchfälle. Aufgelagertes Blut kann von Hämorrhoiden stammen.

Gärungsstuhl: große Stuhlmenge, schaumig, riecht scharf. Entsteht, wenn die Kohlenhydrate der Nahrung im oberen Darmabschnitt nicht verdauet werden können und in den unteren Darmabschnitten von den Darmbakterien abgebaut werden. Ursächlich können eine zu große Kohlenhydratzufuhr sein (Zucker und Stärke aus Getreideprodukten, Kartoffeln, Mai, Reis) oder eine zu schnelle Darmpassage.

Fäulnisstuhl: faulig stinkender, eher flüssiger Stuhl. Entsteht durch mangelhafte Verdauung der Eiweiße in unserer Nahrung, z.B. bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. 

Fettstuhl (Steatorrhoe): lehmartiger, klebriger, glänzender Stuhl, scharf riechend. Kommt vor, wenn das Fett in unserer Nahrung nicht vollständig verdaut werden kann.

Acholischer Stuhl: weißer bis grauweißer Stuhl. Entsteht, wenn die Gallensekrete den Darm nicht erreichen können, z.B. durch Tumoren oder Gallensteine, die den Gallengang verschließen.

Reiswasserstuhl: mehlsuppenähnlicher, flüssiger Stuhl bei Cholera.

Himbeergeleeartiger Stuhl: breiig, schleimig, blutig bei Amöbenruhr.

Eitrig-jauchiger Stuhl: bei Eiterungen in unteren Darmabschnitten, z.B. Darmentzündungen, Parasitenbefall und fortgeschrittener Tumorbildung.



Stuhlfarben: 

gelbbraun: normal; je mehr Fleischnahrung, desto dunkler

schwarz: s.o. Teerstuhl; kann aber auch durch Medikamente ausgelöst werden (z.B. Eisenpräparate, Kohle bei Durchfällen, Wismutpräparate) sowie durch schwarze Kirschen, Brombeeren, Heidelbeeren und Rotwein.
rötlich bis rot: s.o.Blutstuhl; auch durch Rote Beete.

gelblich: normal bei Säuglingen, Durchfälle, Antibiotika-Einnahme.

grünlich bis grün: bei zu schneller Darmpassage z.B. bei Durchfall bleibt das Einfärben des Stuhls durch Sterkobilin (s.o.) aus, was den Stuhl grünlich erscheinen lassen kann. Auch bei Schädigung der Darmflora z.B. durch eine Antibiotikabehandlung kann der Stuhl grün bleiben. Harmlose Ursache ist die Aufnahme von ungekochtem Gemüse, viel Spinat oder Salat.

grauweiß bis gelbgrau: Schleim oder Eiter aus dem Darm

weiß bis grauweiß: bei Gallengangsverschlüssen und Problemen mit der Fett-Verdauung (Acholischer Stuhl bzw. Fettstuhl s.o.)

Hildegard von Bingen bei der Stuhlschau



Mittwoch, 8. Juni 2016

St. Fiakrius - ein vielseitiger Schutzpatron


In der großen Gemeinschaft der Heiligen gelten viele als „Spezialisten“, die in bestimmten Angelegenheiten angerufen werden, von denen Heilung bestimmter Krankheiten erfleht wird oder die zum Schutzpatron bestimmter Berufsstände wurden. Einer der unzähligen Heiligen, die als Mittler zwischen Gott und den Menschen angerufen werden, Fürbitte leisten, Trost und Hilfe spenden ist St. Fiakrius, der vor allem im mittelalterlichen Frankreich als Helfer bei anorektalen Beschwerden angerufen und verehrt wurde, denn seine Lebensgeschichte ließ ihn zum kompetenten Helfer bei Enddarmerkrankungen werden.

 


Geboren wurde Fiakrius um das Jahr 600 herum als einer der drei Söhne von Eugen IV., König der Skoten, einem irisch-keltischen Volksstamm im Nordwesten des heutigen Irlands. Der sorgfältig erzogene Fiakrius (auch Fevrus genannt, in Irland auch unter dem Namen Fiachre bekannt) fühlte sich wie viele junge Männer aus den Adelsgeschlechtern jener Zeit weniger von weltlichen Dingen angezogen als viel mehr von der Mystik der Religion. Er verließ seine Familie und zog nach Frankreich, wo er sich nahe Paris in der Diözese Meaux niederließ. Da er das Leben eines Einsiedlers führen wollte, schenkte ihm Bischof Faron ein Waldstück nahe des Dorfes Breuil-en-Brie (heute Saint-Fiacre-en-Brie), wo er sich der Meditation, dem Gebet und der Nächstenliebe hingab. Seine besondere Fürsorge galt Armen, Kranken und Schwachen. Der Aufforderung nach Irland zurückzukommen und die Nachfolge in der Herrschaft des Königreiches anzutreten, kam er nicht nach, denn längst hatte er sich zu einem Leben in der Nachfolge Christi entschieden: Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam. Immer mehr Hilfsbedürftige suchten ihn in seiner Einsiedelei auf, die später zu einem Kloster erweitert wurde. Es entstand ein kleiner Ort mit dem Namen Saint-Fiacre-en-Brie. St. Fiakrius starb am 30. August 670 friedlich eines natürlichen Todes.

Soweit die Fakten seiner Biographie, die wie bei nahezu allen Heiligen zur Erbauung der Gläubigen ausgeschmückt wurde. Es entstanden Legenden, in denen sich Verbindungen zu seinen Patronaten finden:

Als seine kleine Einsiedelei die Vielzahl der Hilfesuchenden nicht mehr fassen konnte, bat Fiakrius seinen Bischof um mehr Land. Der Bischof versprach ihm so viel Land, wie er an einem Tag mit einer Pflugfurche einzufassen vermochte. Er begab sich sofort an die Arbeit und nur mit der Hilfe eines Stockes gelang es ihm mühelos, einen ausgedehnten Graben auszuheben. Auf dem Stück Land baute er Gemüse und Obst an, um die vielen Hilfesuchenden zu versorgen. Einer anderen Legende nach habe er mit dem Stab nur den Boden berührt, woraufhin sich dieser sogleich in einen feinen Garten verwandelt habe. Aber es gab auch Neider, die ihn öffentlich der Zauberei beschuldigten, so dass Bischof Faron ihn zu sich bestellte. Vorher ließ er ihn jedoch mehrere Tage vor dem Kirchentor warten, die er geduldig auf einem großen Stein sitzend verbrachte. Der Stein war auf wundersame Weise immer nachgiebiger und weicher geworden und hatte schließlich den Abdruck seines Gesäßes angenommen. Dem Stein wurde bald die geheimnisvolle Kraft zugeschrieben, Beschwerden im Analbereich zu lindern: der Kranke musste sich lediglich auf den Stein setzen und war von den Leiden geheilt.

Fiakrius wurde jedoch nicht nur von Kranken und Hilfsbedürftigen verehrt; die wundersame Begebenheit um seinen Garten ließ ihn auch zum Schutzpatron der Bauern, Gärtner und Floristen werden. Eine Pflanze wurde nach ihm benannt - Kraut des heiligen Fiakrius („herbe de Saint Fiacre“) -, deren therapeutische Hilfe bei Gichtanfällen, Furunkeln und Hämorrhoiden unbestritten war.

Um das Jahr 1620 wurden in Paris die ersten Pferdedroschken vermietet, deren Standort die rue Saint-Martin vor dem „Hotel Saint Fiacre“, über dessen Eingang das Bildnis des Heiligen angebracht war. Fiakrius erhielt somit ein weiteres Patronat, er wurde Schutzherr der Lohnkutscher, die ihre Kutschen den Namen „Fiaker“ gaben.

Fiakrius wurde und wird auch heute noch von vielen Franzosen verehrt, was laut einem renommierten französischen Proktologen darauf zurückzuführen sein soll, dass die Franzosen sich seit jeher mit Enddarmerkrankungen herumplagen mussten, weil sie sich gerne überaßen und zu viel tranken wie schon ihre Vorfahren, die Gallier. Nicht umsonst wurde Fiakrius daher der Schutzpatron der Französischen Proktologischen Gesellschaft. Auch der Berufsverband der Deutschen Koloproktologen hat seine Darstellung in ihr Logo aufgenommen.

St. Fiakrius mit seinem berühmten Stein, der eine Eindellung aufweist. Man beachte die kleine Wunde auf seinem linken Oberschenkel; auch bei Hauterkrankungen wurde Fiakrius um Hilfe gebeten.